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Freitag, 28 April 2023

CRS-Prüfungen: Gericht setzt den Prüfungen des Finanzamtes Grenzen

Seit geraumer Zeit kennen wir den (automatischen) Datenaustausch von Finanzdaten zwischen Ländern. Dieser hat zur Folge, dass das belgische Finanzamt früher oder später Kenntnis von Ihren ausländischen Bankkonten erhält. Nachfolgend auf den (automatischen) Austausch von Finanzdaten kann das belgische Finanzamt unter bestimmten Umständen gegen Sie ermitteln und Sie verurteilen, wenn Sie es versäumt haben, bestimmte ausländische Einkünfte in Belgien zu deklarieren (Artikel 358, §1, 2° und 333/2 EStG).

Bei diesen sogenannten CRS-Prüfungen verfolgt das Finanzamt einen breiten Ansatz und fordert auch Bankdaten für Einkommensjahre ein, für die keine ausländischen Informationen eingegangen sind. Außerdem geht das Finanzamt automatisch davon aus, dass der Steuerpflichtige in betrügerischer Absicht keine ausländischen Konten oder Einkünfte angegeben hat. Schließlich wird als Standardstrafe eine kräftige Steuererhöhung von 50 % verhängt.

Das Gericht bestätigt nun, dass das Finanzamt:

1) nicht in den Jahren ermitteln darf, über die keine Informationen eingegangen sind, und

2) dass die 50%ige Steuererhöhung nicht standardmäßig angewendet werden soll.

Diese Rechtsprechung ist eine echte Erleichterung für viele Steuerzahler, die einer CRS-Prüfung unterzogen werden.

Der automatische Austausch von Finanzdaten der Bürger zwischen Ländern auf der Grundlage des Common Reporting Standard (CRS) ist seit 2017 ein globaler Standard für den automatischen Datenaustausch. Das belgische Finanzamt erhält jedes Jahr massenhaft ausländische Bankdaten aus zahlreichen Ländern. In der Praxis führt das Finanzamt viele Prüfungen durch, sobald es ausländische Bankdaten über einen Steuerzahler erhält. Bei diesen Prüfungen stellt das Finanzamt Fragen über Jahre, die bis zu fünf Jahre vor dem Jahr liegen, über das das Amt Informationen aus dem Ausland erhalten hat.

Angenommen, das Finanzamt erhält im Jahr 2023 Informationen über das Einkommensjahr 2020, aus denen hervorgeht, dass der Steuerpflichtige Zinsen auf ein ausländisches Bankkonto erhalten hat. Nach Ansicht des Finanzamtes kann der Steuerpflichtige in diesem Fall aufgefordert werden, alle Kontoauszüge des ausländischen Bankkontos bis einschließlich 2015 zu übermitteln. Falls Einkünfte in den Jahren 2015 bis 2019 nicht deklariert wurden, vertritt das Finanzamt die Ansicht, auch diese besteuern zu können. Diese breitgefasste Prüfungspraxis führt zu einem großen Druck auf Steuerpflichtige, die im Übrigen nicht immer in der Lage sind, ausländische Kontoauszüge für weit zurückliegende Jahre zu erhalten.

In einem kürzlich ergangenen Urteil hat das Gericht erster Instanz von Antwerpen bestätigt, dass diese Prüfungspraxis des Finanzamtes rechtswidrig ist. Das Gericht stellt - völlig zu Recht - fest, dass der Prüfungs- und Veranlagungszeitraum des Finanzamtes nur die Prüfung der Jahre erlaubt, auf die sich die ausländischen Informationen beziehen (Artikel 358, §1, 2° und 333/2  EStG). Die fünf vorangegangenen Jahre dürfen vom Finanzamt nicht routinemäßig geprüft werden, und es dürfen auch keine Veranlagungen über Einkünfte aus diesen fünf vorangegangenen Jahren vorgenommen werden.

In unserem Beispiel betreffen die Informationen lediglich das Einkommensjahr 2020 und nicht die Einkommensjahre 2015 bis 2019. Das Finanzamt kann also lediglich Fragen zum Einkommensjahr 2020 stellen und ausschließlich die nicht erklärten Einkünfte für das Einkommensjahr 2020 berichtigen.

Selbst wenn es in den Vorjahren nicht deklarierte Einkünfte gab, sind diese (für die Zwecke dieser Prüfungs- und Veranlagungsmöglichkeit) bereits verjährt. Die siebenjährige Betrugsfrist (bzw. 10 Jahre ab dem Veranlagungsjahr 2023) darf nämlich nicht für die bloße Nichtangabe eines ausländischen Kontos oder ausländischer Einkünfte angewandt werden. Das bedeutet auch, dass das Finanzamt nicht standardmäßig eine 50%ige Steuererhöhung auferlegen darf, was leider eine gängige Praxis bei der Berichtigung ausländischer Einkünfte zu sein scheint. Obwohl die ständige Rechtsprechung eindeutig besagt, dass das Finanzamt keine betrügerische Absicht vermuten darf, sondern eine besondere Absicht zur Steuerhinterziehung nachweisen muss, hält das Finanzamt an dieser unrechtmäßigen Praxis fest.

Der Finanzminister hat überdies selbst in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage zu den Prüfungen, die aufgrund der von der Türkei erhaltenen CRS-Informationen durchgeführt wurden, bestätigt, dass die Höhe der Geldbuße und/oder der Steuererhöhung "durch die spezifischen Fakten jedes einzelnen Dossiers bestimmt" wird.

Wenn Sie eine Beratung über Ihre Rechte und/oder Unterstützung bei Prüfungen durch das Finanzamt wünschen, können Sie sich jederzeit an unser auf Rechtsstreitigkeiten spezialisiertes Team wenden.


 Vincent Vercauteren – Partner (vincent.vercauteren@tiberghien.com)

 Christophe Dillen – Partner (christophe.dillen@tiberghien.com)

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