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Mittwoch, 01 März 2023

Teilweiser Vorsteuerabzug nach der Methode der tatsächlichen Nutzung: Anmeldung bis spätestens 30. Juni 2023 erforderlich!

 

 

Nach dem Gesetz vom 27. Dezember 2021 gilt ab dem 1. Januar 2023 für gemischte und teilweise steuerpflichtige Personen ein neues Verfahren zur Ausübung des Vorsteuerabzugs auf der Grundlage der Methode der tatsächlichen Nutzung. Ein Königlicher Erlass vom 26. Oktober 2022 beschreibt das Verfahren detailliert.

Die neue Regelung hat erhebliche Auswirkungen auf alle Sektoren, in denen es gemischte und teilweise umsatzsteuerpflichtige Personen (z.B. Immobiliengesellschaften, Finanzdienstleister, öffentliche Behörden, Bildungsinstitute, Krankenhäuser und Holdinggesellschaften) gibt.  

 

Was hat sich geändert?

Die Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung durch gemischte oder teilweise umsatzsteuerpflichtige Personen hat zur Folge, dass der Vorsteuerabzug in erster Linie durch die Aufteilung der Kosten auf die verschiedenen Tätigkeiten bestimmt wird (im Gegensatz zu einem allgemeinen Pro-rata Verfahren, bei dem der Vorsteuerabzug auf der Grundlage des Umsatzes bestimmt wird).

Die früheren Vorschriften sahen vor, dass ein Steuerpflichtiger, der sein Recht auf Vorsteuerabzug nach der Methode der tatsächlichen Nutzung ausüben wollte, einen schriftlichen Antrag bei der zuständigen Umsatzsteuerverwaltung stellen musste. Gemäß der bestehenden Rechtsprechung konnte dieser Antrag jedoch auch rückwirkend gestellt werden. Mit dem Gesetz vom 27. Dezember 2021 wurde dies geändert, wodurch ab dem 1. Januar 2023 eine Voranmeldung erforderlich ist:

  • Die Voranmeldung muss elektronisch (unter Verwendung des Formulars E604A oder E604B) vor Ablauf des ersten Meldezeitraums des laufenden Jahres oder des ersten Meldezeitraums nach Aufnahme oder Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit eingereicht werden. Die Meldung wird ab dem 1. Januar des laufenden Kalenderjahres bzw. ab dem ersten Tag des Meldezeitraums nach der Aufnahme oder Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit wirksam.
  • Der Steuerpflichtige muss außerdem bei der Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das erste Quartal oder einen der ersten drei Monate des laufenden Kalenderjahres über Intervat ausführliche Informationen darüber übermitteln, wie das Recht auf Vorsteuerabzug ermittelt wurde (z. B. Angaben zum vorherigen allgemeinen Anteil, zu den Prozentsätzen der Kosten, die den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens zugewiesen wurden, spezielle Anteile).
  • Achtung: Erfolgt die Voranmeldung und/oder Übermittlung der gewünschten Informationen nicht rechtzeitig, so kann die Methode der tatsächlichen Nutzung frühestens ab dem 1. Januar des folgenden Kalenderjahres ausgeübt werden. Eine rückwirkende Anwendung ist somit de facto ausgeschlossen.
  • Steuerpflichtige können zu einem allgemeinen Pro-rata-Verfahren zurückkehren, jedoch nicht vor dem 31. Dezember des dritten Jahres nach dem Datum der Voranmeldung. Eine (vollständige oder teilweise) Beendigung erfordert eine Mitteilung, die erst am 1. Januar des auf diese Mitteilung folgenden Jahres wirksam wird.
  • Die Umsatzsteuerverwaltung sendet lediglich eine Empfangsbestätigung, d.h. keine Genehmigung, der Voranmeldung für die Anwendung oder Beendigung der Methode der tatsächlichen Nutzung. Die Umsatzsteuerverwaltung hat das Recht, die Methode der tatsächlichen Nutzung bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Voranmeldung wirksam wurde, rückwirkend abzulehnen. Darüber hinaus behält sich die Verwaltung das Recht vor, den Vorsteuerabzug innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist zu überprüfen.
  • Die Verwaltung kann selbst die Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung durch einen mit Gründen versehenen schriftlichen Bescheid vorschreiben, der per Einschreiben verschickt wird und am ersten Tag des betreffenden Umsatzsteuerberichtszeitraums wirksam wird. Diese Entscheidung kann jedoch ebenfalls rückwirkend gelten, wenn die Verwaltung der Ansicht ist, dass die Angaben im Formular über die Aufnahme oder Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit oder den Antrag auf Bildung einer Umsatzsteuergruppe falsch sind. Durch ein Rundschreiben könnte ein Wirtschaftszweig oder eine Gruppe von Steuerpflichtigen verpflichtet werden, die Methode der tatsächlichen Verwendung anzuwenden.
  • To do: Steuerpflichtige, die die Methode der tatsächlichen Nutzung bereits vor 2023 angewandt haben, müssen die Voranmeldung und die Übermittlung der geforderten Informationen zur Bestätigung der Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung bis zum 30. Juni 2023 einreichen.

Konsequenzen und Empfehlungen

Wie bereits erwähnt, ist die rückwirkende Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung nach den neuen Vorschriften nicht mehr möglich sein, was die Möglichkeiten eines Steuerpflichtigen erheblich einschränkt.

Stellt sich beispielsweise bei einer Steuerprüfung heraus, dass es sich bei einem Unternehmen um einen verkappten gemischten Steuerpflichtigen handelt, der sein Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu 100 % ausüben kann, so wird die Umsatzsteuerverwaltung im Prinzip eine allgemeine Pro-rata-Methode vorschreiben, und die Methode der tatsächlichen Nutzung kann für die Vergangenheit nicht mehr angewandt werden, um die Auswirkungen auf das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug abzumildern.

Die neuen Vorschriften machen das Verfahren auch wesentlich formeller. So muss beispielsweise bei einem Wechsel der Tätigkeit das Formular E604B korrekt ausgefüllt und rechtzeitig eingereicht werden, um zu vermeiden, dass die Methode der tatsächlichen Nutzung erst im folgenden Kalenderjahr angewandt werden kann.

Es stellt sich auch die Frage, wie genau zu verfahren ist, wenn ein Steuerpflichtiger seine wirtschaftliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres aufnimmt oder ändert, z. B. am 30. Juni (grundsätzlich müssen die detaillierten Angaben erst im folgenden Kalenderjahr übermittelt werden).

Außerdem bieten die neuen Vorschriften keine größere Rechtssicherheit, da die Verwaltung über einen langen Zeitraum verfügt, um die Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung entweder abzulehnen oder zu akzeptieren (bis zum 31. Dezember des Folgejahres). Darüber hinaus kann, wie im Königserlass ausgeführt, eine Ablehnungsentscheidung auch in Form eines Berichtigungsbescheids oder einer Prozesserklärung innerhalb der allgemeinen Verjährungsfristen getroffen werden. De facto bedeutet dies unseres Erachtens, dass die Verwaltung die Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung oder der diesbezüglichen Berechnungen jederzeit rückwirkend ablehnen kann, wenn sie der Ansicht ist, dass sie nicht der Realität entspricht. Der Kommentar des Staatsrats zum Grundsatz des Vertrauensschutzes scheint hier nicht relevant zu sein.

Grundsätzlich kann die Umsatzsteuerverwaltung selbst keine rückwirkende Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung vorschreiben, es sei denn, die Angaben im Formular 604A (Aufnahme der Tätigkeit), im Formular 604B (Änderung der Tätigkeit) oder Formular 606A (Umsatzsteuergruppe) falsch sind. Wir rechnen mit Diskussionen zu diesem Punkt (einschließlich der Frage, was die Umsatzsteuerverwaltung als "unrichtig" ansehen).

Es ist nicht vollkommen ersichtlich, welche Auswirkungen sich auf die Befugnisse der Umsatzsteuerverwaltung im Rahmen einer ordentlichen Umsatzsteuerprüfung ergeben. Dies wirft auch die Frage der möglichen Strafe auf: Kann eine Strafe verhängt werden, wenn die Verwaltung nicht mit der angewandten Methode einverstanden ist (d.h. es wurde nicht gegen das Gesetz verstoßen?).

Es ist deutlich, dass die Umsatzsteuerverwaltung auf der Grundlage der übermittelten Informationen die angewandte Arbeitsmethode  überprüfen und möglicherweise Anpassungen vorzuschreiben oder, im schlimmsten Fall, die Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung verweigern möchte.

Eine verspätete Voranmeldung führt zur vorübergehenden Unmöglichkeit der Anwendung der Methode der tatsächlichen Nutzung. Daher sind eine proaktive Überprüfung des aktuellen Umsatzsteuerstatus sowie eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Voranmeldung und Informationen unserer Meinung nach empfehlenswert.

Das Tiberghien-Umsatzsteuerteam unterstützt Sie hierbei selbstverständlich gerne!


Stijn Vastmans - Partner (stijn.vastmans@tiberghien.com)

Stein De Maeijer - Counsel (stein.demaeijer@tiberghien.com)

Gert Vranckx - Counsel (gert.vranckx@tiberghien.com)

Loulou Geboers - Senior Associate (loulou.geboers@tiberghien.com)

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Markus Fort - Associate (markus.fort@tiberghien.com)

 

 
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