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Donnerstag, 24 Februar 2022

Zahlung einer Karenzentschädigung bei Beendigung einer internationalen Karriere... Besteuerung im Wohnsitzstaat?

Das Berufungsgericht Lüttich hat in seinem Urteil vom 6. September 2021 entschieden, dass die Zahlung einer Karenzentschädigung an eine Führungskraft in ihrem Wohnsitzstaat zu versteuern ist, auch wenn die Person seine berufliche Tätigkeit (teilweise) im Ausland ausgeübt hat.

Im vorliegenden Fall hatte ein Belgier jahrelang in Frankreich gearbeitet, bis er nach Belgien zurückgeschickt wurde. Ein Jahr später kündigte er, woraufhin er mit seinem (belgischen ehemaligen) Arbeitgeber eine Wettbewerbsverbotsvereinbarung abschloss. Eine Wettbewerbsverbotsvereinbarung ist eine Vereinbarung, in der sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, nicht mit seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten. Diese Verpflichtung ist fast immer zeitlich und oft auch geografisch begrenzt. Die Vereinbarung wurde mit der Begründung abgeschlossen, dass der Arbeitnehmer im Laufe von 32 Jahren Beschäftigung detaillierte und gründliche Kenntnisse über die Funktionsweise mehrerer Unternehmen und Geschäftsbereiche des Konzerns erworben hatte, da er wichtige Führungspositionen innehatte. Der Betroffene machte geltend, dass die Zahlung der Karenzentschädigung in Belgien auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Belgien und Frankreich freigestellt werden müsse.

Das Berufungsgericht Lüttich entschied jedoch, dass die Karenzentschädigung in Belgien, dem Wohnsitzstaat der Führungskraft zum Zeitpunkt der Unterzeichnung und Ausführung der Wettbewerbsverbotsvereinbarung, zu versteuern ist. Das Gericht berücksichtigte auch, dass das Wettbewerbsverbot nicht nur auf das französische Staatsgebiet beschränkt war.

Die Argumentation des Gerichts steht im Einklang mit dem OECD-Kommentar, der beschreibt, dass eine Karenzentschädigung in den meisten Fällen keine Vergütung für eine vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeit darstellt. Daher ist die Karenzentschädigung im Wohnsitzstaat des Empfängers zu versteuern. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass keine allgemeinen Schlussfolgerungen hieraus gezogen werden sollten, da die steuerliche Behandlung stets anhand des konkreten Sachverhalts beurteilt werden muss.

Die steuerliche Behandlung einer Karenzentschädigung muss außerdem von der Behandlung einer Abfindung unterschieden werden. Nach dem OECD-Kommentar sollte eine Abfindung, die für eine (gesetzliche) Kündigungsfrist gezahlt wird, als aus dem Staat/den Staaten stammend betrachtet werden, in dem/denen vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist gearbeitet hätte (was in den meisten Fällen der Staat/die Staaten sein wird/werden, in dem/denen die Tätigkeiten während eines erheblichen Zeitraums vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurden). Wenn also beispielsweise eine Person ihre Kündigungsfrist grundsätzlich auf ihrem Arbeitsplatz in Frankreich hätte ableisten müssen, ist die Abfindung grundsätzlich in Belgien von der Steuer zu befreien. Diese Grundsätze gelten auch für Zahlungen, die während eines Mutter-/Vaterschaftsurlaubes getätigt werden.

Zusammenfassend schlussfolgern wir, dass das Urteil des Berufungsgerichtes Lüttich im Einklang mit dem OECD-Kommentar steht und erneut verdeutlicht, dass die vertragliche Vereinbarung und die Art der Zahlung, die zwischen (Ex-)Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart wurde, einen wichtigen Einfluss auf die Steuerbehandlung der Karenzentschädigung haben.

Bei Bedarf beraten wir Sie in diesem Zusammenhang gerne.

Katrien Bollen – Senior associate (katrien.bollen@tiberghien.com)

Arif Keskin – Associate (arif.keskin@tiberghien.com)

Markus Fort – Associate (markus.fort@tiberghien.com)